GEMEINNÜTZIGE EINRICHTUNG ZUR FÖRDERUNG DER GEORG-AUGUST-UNIVERSITÄT GÖTTINGEN
Dissertationspreis des Universitätsbundes
Der Dissertationspreis des Universitätsbundes, gefördert durch die AKB-Stiftung, wird für eine oder zwei
herausragende Dissertation aus dem jeweils letzten Kalenderjahr verliehen. Alle Fakultäten der Universität
Göttingen sind berechtigt, hierzu eine mit „summa cum laude“ bewertete Arbeit vorzuschlagen.
Ein Auswahlgremium des Universitätsbundes unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Stephan von Cramon-
Taubadel entscheidet über die Preisvergabe.
Preisträger 2022
Dr. Arman Nejad
-
Fakultät für Chemie
Die Quantenmechanik hat Chemie berechenbar gemacht, aber
in der Regel unter zum Teil drastischen Näherungsannahmen.
Wirklich einschätzen kann man diese Näherungen nur durch den
Vergleich mit dem Experiment und hier bietet sich vor allem die
Wechselwirkung von Licht mit Materie an, welche sehr genaue
Einblicke in den Zusammenhalt und die Bewegungsformen der
Moleküle ermöglicht. Diesem rigorosen Testen der
Quantendynamik hat sich Arman Nejad am Beispiel von
Ameisensäuremolekülen und ihren Molekülverbänden gewidmet.
Er hat im Rahmen eines DFG-geförderten Graduiertenkollegs als
theoretisch inspirierter Experimentator spektroskopische Daten
aus nahezu einem Jahrhundert kritisch hinterfragt und ganz
umfangreich mit neuen, einzigartigen Experimenten erweitert. Als
experimentell inspirierter Theoretiker hat Arman Nejad
andererseits eine Rechenmethode ausgearbeitet, welche die
experimentellen Befunde verblüffend genau reproduzieren kann
und so einen präzisen Brückenschlag zwischen Theorie und
Experiment für Wasserstoffbrückensysteme ermöglicht. Eine
zweistellige Zahl von Publikationen, mehrheitlich als Erst- oder
Letztautor und häufig bereits zweistellig zitiert, dokumentiert das
beeindruckende Œuvre eines inzwischen 28-jährigen
Nachwuchswissenschaftlers. Die Referenzergebnisse seiner
Dissertation unter dem Titel „Vibrational dynamics of formic acid
and its dimer: FTIR and Raman jet spectroscopy and theory“, die
er für das seit 2019 bestehende Graduiertenkolleg in Rekordzeit
abgeschlossen hat und die vom Fonds der Chemischen Industrie
finanziell unterstützt wurde, sind von ihm mustergültig in einer
öffentlich zugänglichen Datenbank aufbereitet worden und
spornen derzeit zahlreiche experimentelle und theoretische
Gruppen an, ihre Techniken an diesem besonderen
Modellsystem zu vergleichen und zu schärfen. Inzwischen
forscht Arman Nejad an der Universität Oxford zu theoretischen
Methoden für die Elektronenbeschreibung in Festkörpern.
Dr. Jan Reitzner
-
Theologische Fakultät
Jan Reitzner hat mit seiner Dissertation Pionierarbeit
geleistet: Unter dem Namen „Apophthegmata Patrum“
wurden Sprüche und Taten spätantiker Mönchsväter – und
auch einiger -mütter! – aus der ägyptischen Wüste
gesammelt und tradiert, die enorme Wirkung auf christliche
Askese wie Spiritualität hatten und gerade auch im
mittelalterlichen Abendland große Verbreitung fanden. Diese
Bedeutung der Apophthtegmata Patrum bzw. ihrer
lateinischen Übersetzung, der „Verba Seniorum“, war in der
Forschung immer wieder betont, aber bislang kaum
untersucht worden. Jan Reitzner hat die Rezeption der
Verba Seniorum anhand eines prominenten Ausschnittes,
nämlich der Reform monastischen Lebens im 12.
Jahrhundert speziell in Frankreich, eingehend erforscht und
den Fokus dabei insbesondere auf zeitgenössische
Manuskripte mit Vätersprüchen gerichtet.
Mit seiner Studie, die im Rahmen eines von der DFG
geförderten Projektes zum Thema entstand, ist es Reitzner
gelungen, die große Bedeutung der Verba Seniorum im 12.
Jahrhundert eindrücklich zu belegen und zwei je nach
monastischem Milieu klar zu unterscheidende Weisen
aufzuzeigen, die Vätersprüche zu rezipieren: In
Handschriften aus traditionellen Klöstern wie Cluny wurden
sie in überaus konservativer Weise rezipiert, d.h. den in
Manuskripten aus früheren Jahrhunderten bekannten
Gepflogenheiten entsprechend: Ihre Herkunft wurde markiert
und ihre Andersartigkeit gegenüber westlich-mittelalterlichem
Mönchtum betont. Ganz anders der Befund in Handschriften
aus Reformklöstern, speziell aus Zisterzienserabteien: Hier
wurde mit der handschriftlichen Überlieferung der
Vätersprüche aus früheren Jahrhunderten gebrochen, die
Sprüche wurden in den jeweiligen Aussagekontext
eingepasst, und die Lesenden wurden zu individueller
Reflexion angeregt.
Presse:
https://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?id=6744
Liste vorheriger Preisträger
Foto: privat
Foto: privat