GEMEINNÜTZIGE EINRICHTUNG ZUR FÖRDERUNG DER GEORG-AUGUST-UNIVERSITÄT GÖTTINGEN
Dissertationspreis des Universitätsbundes
Der Dissertationspreis des Universitätsbundes, gefördert durch die AKB-Stiftung, wird für eine oder zwei
herausragende Dissertation aus dem jeweils letzten Kalenderjahr verliehen. Alle Fakultäten der Universität
Göttingen sind berechtigt, hierzu eine mit „summa cum laude“ bewertete Arbeit vorzuschlagen.
Ein Auswahlgremium des Universitätsbundes unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Stephan von Cramon-
Taubadel entscheidet über die Preisvergabe.
Preisträger 2024
Dr. Shayan Hundrieser - Fakultät für Mathematik und Informatik
Dr. Shayan Hundrieser entwickelte in seiner Dissertation neue
mathematische Methoden des statistischen optimalen Transports
zur Analyse von komplexen Daten. Die Theorie des optimalen
Transports hat eine lange Geschichte, schon der französische
Mathematiker und Naturwissenschaftler Gaspard Monge
beschäftige sich Anfang des 19ten Jahrhunderts auf Bestreben von
Napoleon Bonaparte mit der Frage, wie am besten Güter auf
verschiedene Standort verteilt werden können, so dass die
Gesamtkosten möglichst klein sind. Viele Jahre später wurde
durch dieses Problem mathematisch durch den Ökonomie-
Nobelpreisträger Leonid Kantorovich neu formuliert, so dass es in
den letzten Jahren möglich wurde, dies für sehr viele Standort zu
lösen. Hundrieser entwickelte nun ganz neue, zufällige und damit
extrem schnelle Algorithmen zur Berechnung des optimalen
Transports, und er konnte nachweisen, dass hiermit sehr
komplexe Daten effizient verglichen werden können. Diese
Methode macht nun viele neue Anwendungsfelder zugänglich, bei
denen sehr große Datenmengen anfallen. Hundrieser setzt seine
Forschung mit einem Postdoc Stipendium der Deutschen
Akademie der Naturforscher Leopoldina an der Yale University in
den USA und der Universität Twente in den Niederlanden fort. Hier
will er in Zukunft seine Algorithmen zur verbesserten
medizinischen Diagnostik bei bildgebenden Verfahren und für das
maschinelle Lernen nutzbar machen.
Der Preisträger studierte Mathematik an der Georg August
Universität Göttingen von 2015-2020 und erhielt für Bachelor- und
Masterarbeit jeweils eine Auszeichnung der Fakultät für
Mathematik und Informatik. Er promovierte dann 2024 bei Prof.
Axel Munk zum Thema „Statistical Optimal Transport and its
Entropic Regularisation“. Dr. Hundrieser wurde durch die
Studienstiftung des Deutschen Volkes und mit einem Erasmus
Auslandstipendium gefördert. Während seiner Promotion erhielt er
Einladungen zu Vorträgen und Forschungsaufenthalten an
verschiedene renommierte Einrichtungen, u.a. die Carnegie Mellon
und die Yale University in den USA, die University of Cambridge
und das Tata Institute in Bangalore, Indien. Seine Promotion wurde
durch das DFG-Exzellenzcluster „Multiscale Bioimaging“, den
DFG-Sonderforschungsbereich „Mathematik des Experiments“ und
das Graduiertenkolleg „Strukturerkennung in komplexen Daten“
gefördert.
Shayan Hundriesers Forschung wurde kürzlich schon einmal
ausgezeichnet: Er erhielt den Dissertationspreis der Deutschen
Mathematiker Vereinigung im Bereich der Mathematischen
Statistik.
Dr. Tobias Adler-Bartels - Sozialwissenschaftliche Fakultät
Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Radikalisierung des
konservativen Denkens in Deutschland im 19. und frühen 20.
Jahrhundert historisch-systematisch zu rekonstruieren und den
Ordnungsbegriff des radikalen Konservatismus zu profilieren
Der Konservatismus wird hier als eine komplexe Ideologie
beschrieben, die sich durch ein radikales Potential auszeichnet,
das unmittelbar auf die strukturelle Abhängigkeit von
(antiliberalen) Feindbildern verweist. Zu den Kernmerkmalen
des Konservatismus gehören der Glaube an eine
überindividuelle Legitimation der politisch-sozialen Ordnung,
die Vorstellung der ‚natürlichen‘ Entwicklung der Geschichte
sowie ein grundsätzlich skeptisches Menschenbild. Deren
spezifische Ausgestaltung sowie Transformation wird in der
historischen Rekonstruktion des deutschen Konservatismus
untersucht. Der Ausgangspunkt ist der preußische
Altkonservatismus, dessen politisch-theologisches Paradigma
(des christlichen Staates) im Kontext der Säkularisierung des
politischen Denkens zunehmend an Plausibilität verliert. Am
Beispiel der beiden konservativen Denker Hermann Wagener
und Paul de Lagarde wird gezeigt, wie das altkonservative
Denken im Angesicht einer ideologischen Sinnkrise zunehmend
von einer militanten Version eines intransigenten
Konservatismus abgelöst wird; die soziale Frage (Wagener) bzw.
nationale Frage (Lagarde) werden mehr und mehr mit
antiliberalen und antisemitischen Feindbildern verknüpft. In der
der Weimarer Republik entsteht erstmals eine genuin
radikalkonservative Bewegung (die sog. Konservative
Revolution); das konservative Selbstverständnis dieser
‚Jungkonservativen‘ profiliert sich in Abgrenzung sowohl zum
älteren (reaktionären) Konservatismus als auch zum
vermeintlich hegemonialen Liberalismus und ist zudem mit
einer dezidiert metapolitischen Agenda verknüpft, wie am
Beispiel der umkämpften Begriffe Politik und Volk gezeigt wird.
Die hier rekonstruierte Radikalisierung des deutschen
Konservatismus enthält ein breites Reservoir an antiliberalen
und antidemokratischen Motiven, auf das die zeitgenössische
radikale Rechte zurückgreift. Dies stellt auch gegenwärtig eine
Herausforderung für das moderate (liberal-)konservative
Denken dar, das sich des radikalen Potentials der konservativen
Ideologie stets bewusst sein muss.
Liste vorheriger PreisträgerInnen
Foto: privat
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